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Restaurierung

Referenzen

Dorfkirche Rädigke (Brandenburg, Landkreis Potsdam-Mittelmark)

Freilegung und Restauierung der Apsisfassung von 1903, 2014

Die Feldsteinkirche in Rädigke kann auf eine ca. 800jährige Geschichte zurückblicken (Bild 1). In der Zeit um 1903 erfuhr sie im Sinne des Historismus die letzten durchgreifenden Veränderungen: Die einsturzgefährdete Westwand wurde neu errichtet sowie mit einem Dachturm bekrönt und die Fenster der Südfassade wurden rundbogig erweitert. Das Innere des Kirchenraums erhielt einen neuen Wandputz und wurde polychrom gestaltet. Die Fenster wurden mit Kriechblumen umrandet, die Ostwände erhielten Inschriften und die Apsis wurde aufwändig bemalt. Die Apsiskalotte erhielt einen Sternenhimmel, der Schmuck der Sockelfläche war eine Vorhangmalerei. Nachdem diese Raumfassung aus Leimfarbe vielfältig beschädigt und verschmutzt war, wurde sie 1965 mit einer kunstharzhaltigen weißen Wandfarbe überstrichen (Bild 2). Dieser Anstrich war diffusionsdicht und verhinderte den Durchgang von Feuchtigkeit. Da jedoch bedingt durch die Bauart der Kirche Feuchtigkeit auf beiden Seiten der Kunstharzfarbe anstand, kam es zu starken Schäden am weißen Anstrich. Die weiße Farbe blätterte an vielen Stellen von der Wandfläche und gab den Blick frei auf erhebliche Reste der polychromen Raumfassung von 1903.

Im Auftrag der Kirchengemeinde wurde eine rationelle Technik entwickelt, mit der der weiße Kunstharzanstrich von den Wandflächen entfernt werden konnte. Dazu wurde die Wandoberfläche mit hoch konzentriertem Hasenleim und Baumwollgaze kaschiert. Hasenleim hat wie alle Glutinleime die Eigenschaft, sehr fest und spröde aufzutrocknen. Dadurch konnte die Kaschierung nach der vollständigen Austrocknung zusammen mit dem Kunstharzanstrich von der Wand abgezogen werden. Im Kirchenschiff und Chorraum wurde diese Arbeit in Eigenleistung der Kirchengemeinde erbracht. Dort wurden die Wandflächen anschließend von einer Malerfirma bearbeitet.

In der Apsis wurde die weiße Kunstharzfarbe vom Restaurierungsteam entfernt. Danach zeigte sich, dass auf den Apsisflächen die Raumfassung von 1903 noch zum größten Teil vorhanden war (Bild 3). Diese Fassung wurde zunächst mit Celluloseether und einem geringen Anteil an Acryldispersion gefestigt. Jüngere zementhaltige Putzergänzungen wurden durch Kalkputz ersetzt, loser bemalter Putz von 1903 wurde mit Injektionsmörtel hinterfüllt und gesichert. Anschließend wurden mit dem verwendeten Bindemittelgemisch der Malschichtfestigung und Erdpigmenten Retuschefarben angemischt, mit denen die Malschicht von 1903 lasierend ergänzt wurde (Bild 4). Fehlende Ornamente und Sterne wurden rekonstruiert, um die Raumfassung von 1903 wieder in ihrem ursprünglichen Zusammenhang präsentieren zu können (Bild 5).

Bild 1

Bild 2

Bild 3

Bild 4

Bild 5